Freitag, 26. August 2016

Bacharach - Bingen

Der Schlussstein

Wie bei dem Bau der mittelalterlichen Kathedralen ist das schwierigste gewesen, den Schlussstein zu setzen. Das ist jener Stein, der die beiden Halbbögen oben in der Mitte verbindet, so dass ein kompletter Rundbogen entsteht. Es war das geheime Erfahrungswissen der Steinmetze, daß dazu führte, daß das Konstrukt nicht zusammenbrach. Aus diesem geheimen Wissen haben sich später der Legende nach die Freimaurer gebildet. Ich habe auf dieser Tour den Nordteil und den Südteil meiner Durchquerung Deutschlands verbunden. 17 Km bei knappen 30 Grad mit Gepäck waren dazu zu laufen. Ich habe über 6 Stunden gebraucht. Aber es ist geschafft, die Strecke ist komplett.

Donnerstag, 25. August 2016

Ottmarsheim - Mulhouse

Das Wunder von Rixheim
Der gestrige Tag hat seine Spuren hinterlassen und so fühle ich mich nicht gut. Die Strecke nach Rixheim führt über 9 Km immer an einer Straße entlang. Franzosen bauen keine Standstreifen, so daß man auf der Fahrbahn gehen muß. Schon am Beginn der Etappe hab ich mir die Distanz ohne Bänke nicht zugetraut, bin aber trotzdem los gelaufen. Kurze Zeit später stoppt ein Auto und der Fahrer textet mich auf Französisch zu. Es dauert etwas bis ich verstehe, daß er meinen Wanderplan für zu gefährlich hält und mich mitnehmen will. Ich nahm dankend an. Die restlichen 5 Km zum Hotel waren aufgrund der schlechten körperlichen Verfassung auch nicht einfach. Ich wäre zusammengeklappt, wenn der Franzose nicht gewesen wäre. Er war von meinem Schutzengel geschickt. Ich fühle mich behütet. Die Erkenntnis des Urlaubs ist, daß man sich in Frankreich an offizielle Rad- oder Wanderwege halten muß. Einfach der Straße nach von A nach B geht nicht. Das Finale der EM geht auch nicht für Deutschland – wir haben heute Abend das Halbfinale ausgerechnet gegen Frankreich verloren. 

Mittwoch, 24. August 2016

Grißheim - Ottmarsheim

Je suis in France

In Neuenburg hab ich den Rhein überquert. Das ist kein Zufall, sondern hier in der Nähe beginnt der Rhein-Rhone-Kanal, an dessen Ufern ich meinen Weg rund um die Alpen gehen will. Und es ist die Konsequenz aus der Tatsache, daß ich Basel ohne sie nicht sehen will. Nun bin ich in Frankreich. Außer, daß die Leute um mich herum nun komisch sprechen und schreiben – Französisch halt – hat sich beim Wandern wenig geändert. Nur das die Franzosen noch sparsamer mit Wanderbänken sind als die Deutschen. Im Hotel angekommen bestellt ich meinen ersten Kaffee in der Landessprache, was mich fröhlich stimmt. Allerdings habe ich es mit den Kilometern etwas übertrieben heute. 18,6 Km mit Gepäck nehmen meine Muskeln etwas krumm. Ich bedauere zwar immer noch den persönlichen Brexit, bin aber nun auf einem neuen Weg. Die Zukunft wird zeigen, ob ich Rom tatsächlich erreiche. Nun ist erst mal Deutschland durchquert und darauf bin ich stolz.

Dienstag, 23. August 2016

Oberrimsingen - Grißheim

Der letzte Halt vor der Grenze

Manchmal passieren beim Wandern Dinge, die man nur schwer erklären kann. Ich hatte die Nacht nicht gut geschlafen und fühlte mich körperlich eher schwach. Trotzdem standen heute 18 km auf dem Streckenplan. Erschwerend kamen Außentemperaturen im weiterhin zu warmen Bereich dazu. Am schlimmsten aber wirkte sich ein chronischer Mangel an Bänken aus. Auf dem letzten Teilstück zum heutigen Ziel waren 4 km ohne Sitzmöglichkeit zu absolvieren. Ich habe auf diesem Radweg meine persönliche Grenze gespürt. Wenn dann gar nichts mehr hilft, hilft vielleicht beten. Ich wäre zusammengebrochen – heute war es so weit – aber mein Schutzengel hat mich gehört und präsentierte mir hinter der nächsten Kurve eine Bank. Nur einer halbstündigen Pause ist es zu verdanken, daß ich im Zielort angekommen bin, dem letzten Hotel vor dem Grenzübertritt nach Frankreich. 

Montag, 22. August 2016

Hochstetten - Oberrimsingen

Tag des Sommers

Der Sommer 2016 fiel auf einen Donnerstag, sonst war Regen. Diese Beschreibung des Wetters trifft aber nur auf meine Heimatregion zu, denn unten in der südwestlichsten Ecke von Deutschland scheint die Sonne, so daß heute Temperaturen von 28°C zu bestaunen waren. Das ist eigentlich zu warm zum Wandern. Erschwerend hinzu kommt, daß ich diese Strecke eigentlich mit einer ganz anderen Motivation laufen wollte. Der Weg sollte mich ihr näherbringen, was aber jetzt nach dem persönlichen Brexit nicht der Fall ist. Bewusst hab ich mich damit abgefunden, aber ich habe heute leichte Herzbeschwerden. Das kann am Wetter liegen, vielleicht ist es aber auch Psychosomatik.

Sonntag, 21. August 2016

Breisach - Hochstetten

Wer fragt, bekommt Antworten

Der nächste Urlaub am Rhein beginnt im Juli 2016. Am Tag zuvor hat Deutschland einen historischen Sieg im Viertelfinale der Euro 2016 gegen Italien gefeiert. England war da schon raus und das nicht nur sportlich. Leichtsinniger Weise hat der britische Premier Cameron sein Volk befragt, ob es in der EU bleiben will. Er bekam eine Antwort, die er nicht erwartet hatte. Sein Volk will raus. Nun kann man sich fragen, ob Cameron vielleicht nicht hätte fragen sollen. Vielleicht hätte er gegen den Willen des Volkes einfach sein Ding zuziehen sollen. Es ist allerdings eine Frage des Respekts, daß man die Meinung anderer akzeptiert, auch wenn sie einem so ganz und gar nicht in den Kram paßt. Das muß ich nämlich auch. Sie hat geantwortet und sie will mich nicht treffen. Somit hab ich beschlossen, nicht nach Basel zu laufen. 

Freitag, 19. August 2016

Sasbach am Kaiserstuhl - Breisach


Von Herzen anders

Am 7. Wandertag in Folge habe ich mein Ziel in Breisach tatsächlich erreicht. Zwischendurch bestand mal kurz Lebensgefahr, als ich auf einer Landstraße gewandert bin. In einer Kurve an einem Hügel gab es keine Ausweichmöglichkeit weg von der Straße auf das angrenzende Feld. Wären hier LKWs – die hier reichlich fuhren – von links und von rechts gekommen, so daß sie nicht zur Mitte der Straße hätten ausweichen können, gäbe es mich nicht mehr. Aber ich bin dann ja doch angekommen. Und das nicht nur geographisch. Ob andere Menschen mich verstehen, ist nicht das wichtigste Kriterium, um meinen Lebensweg zu gehen. Ich kann nicht anders, ich bin eben anders. Und nach dieser klärenden Anstrengung des Urlaubs finde ich das auch gut so. Es gibt aber eine Frau, die mich zurück auf den Weg der Tugend in eine bürgerliche Existenz bringen könnte. Vielleicht treffe ich sie in Basel. 

Mittwoch, 17. August 2016

Niederhausen - Sasbach am Kaiserstuhl

Wohlige Schwere

Der Tag begann ohne Frühstück im Hotel, weil das nicht angeboten wurde, bereits um 7:00. Im Nachbarort holte ich die entgangene Mahlzeit in dem schon bekannten Supermarkt nach. Ein Hinweisschild dort gab bekannt, daß mein Zielort von dort aus noch 17 km entfernt sei. Es sind letztendlich 19,3 km geworden, was mit Gepäck einen Rekord darstellt. Völlig fertig in der Unterkunft angekommen, begann ich mich zu erholen. Ich fühlte ein körperliches Glücksgefühl und eine tiefe Gelassenheit. Durch die extreme Anstrengung ist das rationale Denken einem Gefühl der wohligen Schwere gewichen. Ich hatte wohl einen Endorphin-Rausch. So etwas kannte ich bis dahin noch nicht. High, so ganz ohne Drogen. 

Dienstag, 16. August 2016

Grafenhausen - Niederhausen

Vergnügen

Mein heutiger Weg führte mich am Freizeitpark Rust vorbei. Wie unterschiedlich doch die Menschen sind. Ich laufe lieber 20 km bei Regen, als daß ich jemals meinen Fuß in eine Achterbahn stellen würde. Auf einer Bank außerhalb des Parks von der Sonne beschienen hörte ich die Angst- oder Jubelschreie der Menschen in diesem Fahrgeschäft. Mir kam der alte Sokrates ins Gedächtnis. Man fragte ihn, warum er würde den Markt gehen würde, aber nie was kaufen würde. Er antwortete : „ Es ist schön zu wissen, was ich alles nicht brauche !“ Im Hotel gab es kein Abendessen, weil es Ruhetag hatte. Dummerweise gab es im gesamten Ort kein Essen, weil alle Gaststätten Ruhetag hatten. So bin ich zu einem Supermarkt und hab mich mit Nahrung eingedeckt. Man muß als Wanderer nicht zwangsläufig abends im Restaurant essen – es geht auch einfacher. 

Montag, 15. August 2016

Allmannsweier - Grafenhausen

Zeit

In meinen Unterlagen vom nächsten Hotel stand, daß Einchecken von 12:00 bis 14:00 und dann erst wieder ab 17:00 möglich sei. So kam es zu dem, was ich doch eigentlich in diesem Urlaub vermeiden wollte: Zeitdruck. Ich wollte nicht wieder vorm Hotel warten und somit 14:00 unbedingt schaffen. Gleichzeitig war es heute wie Gehmeditation, weil ich lange Streckenabschnitte hatte, in ihnen ich einfach geradeaus gelaufen bin. Ich merke, wie ich auch in den Pausen ruhiger werde. Obwohl die Zeit heute ja wichtig war, verlor sie auf den geraden Wegen ich Bedeutung. Immer wieder tauche ich in den Moment ein, in das ewige Jetzt, wo Zeit aufhört zu existieren. Später im Hotel kam im Fernsehen eine Sendung, in der es um Menschen verschiedener Religionen ging und der Frage, woran diese glauben. „Und was glaube ich?“, frage ich mich. Ich lasse das Fragezeichen stehen. 

Donnerstag, 11. August 2016

Altenheim - Allmannsweier


Das Scheißen im Walde

Eigentlich wollte ich dieses Thema gar nicht erwähnen, weil es eher unappetitlich ist. Aber auch das gehört zum Leben nun mal dazu. Wenn man gerade zwischen zwei Ortschaften wandert und somit ein normales stilles Örtchen nicht in Sicht ist und man das immer drängende Gefühl hat, man benötige ein solches, hat man ein Problem. Als klar wurde, daß Selbstdisziplin alleine nicht ausreicht, weil der Weg zu weit ist, hilft nur sich ein gemütliches Plätzchen im Walde zu suchen und die sonst üblichen Hygieneartikel durch möglichst große Blätter eines nahe stehenden Baumes zu ersetzen. Auch wenn das wohl das natürlichste Verhalten überhaupt ist, war ich sehr froh, daß mir jemand im nächsten Ort erlaubte, seine Toilette benutzen zu dürfen, um mich ordentlich zu reinigen. 

Montag, 8. August 2016

Marlen - Altenheim


Storch

Da ich auch heute nur eine kurze Etappe zu laufen habe, kann ich mir wieder Zeit lassen. So zappe ich vor dem Wandern noch durch die Fernsehkanäle und bleibe bei einer Sendung über Tiere hängen, die ihr ganzes Leben unterwegs sind. Lachse oder Zugvögel z.B. Sie sind Nomaden. Sie fragen sich aber nicht, ob das richtig ist, sondern es ist einfach ihre Natur. Die Weltmeister im Reisen sind Störche. 20.000 km im Jahr absolvieren diese Vögel. Und heute auf der Wanderung hab ich einen einsamen Storch auf einem Acker stehen sehen. Störche gelten als Glücksbringer und natürlich bringen sie auch die Babies. Der Vertrag der Generationen, so wird mir auf dem Weg nach Altenheim bewußt, wird von mir nicht eingehalten. Eltern wollen Großeltern werden. Das ist auch ein äußerer Faktor, der mich zweifeln läßt. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht ja tatsächlich Glück.

Freitag, 5. August 2016

Kehl - Marlen


Time to kill

Die erste Etappe des Urlaubs im Mai 2016 am Rhein war bewußt kurz gewählt. Das Wetter war eher nieselig, aber ich habe beim Wandern richtig Zeit und brauche keine Rekordjagd zu betreiben. Das bringt aber wenig, wenn es auf der Strecke keine Bänke gibt, auf denen man Pause machen könnte. So komme ich früh am Zielhotel an. Erst dort weiß ich aber, wie viel zu früh, denn ich darf dort erst um 17:00 einchecken. Als ich ankomme ist es aber erst 12:30. Die Wartezeit verkürze ich mir damit, einen ersten Entwurf einer wichtigen Mail zu verfassen. Ich will mein Kommen in Basel ankündigen und es ihr überlassen, ob sie mich sehen will oder nicht. Ich bin schließlich kein Stalker. 

Mittwoch, 3. August 2016

St. Goar - Bacharach

Anders sein

Ein Mann von Anfang 40 hat eine Familie zu haben. Wenn es mit den Kindern nicht geklappt hat, wenigstens eine Frau. Wenn er keine Frau hat, ist er wahrscheinlich schwul. Vielleicht sind nicht alle Menschen so, daß sie diese Klischees im Kopf abspielen, wenn sie einen allein-reisenden Mann sehen, aber ich glaube häufig diese Fragezeichen in den Augen der anderen zu sehen. Hätte ich eine Mönchskutte an oder einen Talar, hätten sie wenigstens eine Antwort. Um Mönch zu werden, muß man in einer Religion stark verwurzelt sein, was ich nicht bin. Auch wenn mich der Buddhismus am ehesten anspricht, käme ich mit Hierarchien und Ordensregeln nicht klar. Ich bin ein Freigeist oder einfacher: Ich bin ich und ich befürchte, ihre Fragezeichen werden bleiben.